Im Vorfeld der Veranstaltung wird der Energiebedarf anhand von Angaben zum Strombedarf durch die Veranstaltungstechnik, Stände etc. prognostiziert. Es wird die vorhandene Technik vor Ort genutzt, fehlende Technik wird bei regionalen Dienstleistenden gemietet.

DEEP DIVE: Smart Home im Veranstaltungsbetrieb

Wie intelligente Gebäudetechnik Energie spart und Personal entlastet

Ob Licht, Heizung oder Sicherheitssysteme – smarte Gebäudetechnologie revolutioniert längst nicht mehr nur Büroneubauten oder Luxuswohnungen. Auch Musikspielstätten, Kulturbetriebe und Veranstaltungsorte profitieren zunehmend davon. Denn gerade dort, wo Energieverbrauch, Personalengpässe und komplexe Abläufe aufeinandertreffen, bietet intelligente Technik konkrete Lösungen, die Ressourcen schonen, CO2-Emissionen und Kosten senken und das Team entlasten können. Die planetaren Belastungsgrenzen sind in vielen Bereichen bereits am Limit; der CO₂-Fußabdruck muss über alle Gesellschaftsbereiche hinweg – und damit auch alle Kultursparten – deutlich reduziert werden.

Kühlgeräte, Soundanlagen, Licht- und Lüftungstechnik haben einen hohen Energieverbrauch und laufen in Veranstaltungsorten oft durchgehend – auch wenn die volle Leistung nicht benötigt wird. Langjährig gewachsene Betriebe verfügen zudem über ein komplexes Technisches Setup, Temporäre Veranstaltungsorte sind noch nicht eingespielt – eine Herausforderung für fluktuierendes Personal! Mit zunehmender Komplexität entstehen Anwendungsfehler, die Ressourcen unnötig verschwenden. Das kulturelle Angebot von Veranstaltungen leidet zunehmend unter dem enormen Kostendruck, immer mehr Kulturbetriebe schließen, da der Betrieb nicht mehr wirtschaftlich ist: Energieeffizienz ist gefragt! Häufig mieten Veranstaltende ihre Flächen, Energieeffizienz-Maßnahmen an der Gebäudehülle liegen also oftmals nicht in ihrem Verantwortungsbereich oder komplexe Sanierungsmaßnahmen lassen sich im laufenden Betrieb nur schwer umsetzen, die Projektsteuerung und Finanzierung überfordert besonders kleine Betriebe.

Mit smarter Steuerung lässt sich hier gegensteuern.

Einsparungen nicht durch große Investitionen, sondern durch das bewusste Steuern vorhandener Geräte zu ermöglichen – hier setzen Gebäudeautomationssysteme an. Besonders die Entwicklung des Smart Home Segments bietet neue Möglichkeiten für einen niedrigschwelligen Einstieg. Smarte Gebäudetechnik bedeutet die digitale Steuerung und Automatisierung von gebäuderelevanten Prozessen und Geräten – zum Beispiel Heizen, Lüften, Beleuchten oder Überwachen. Dabei kommen Sensoren (z.B. Temperatur, CO2, Stromverbrauch), Aktoren (z.B. Relais oder Ventile) und Software-Plattformen zum Einsatz, die Abläufe datengestützt gestalten und automatisieren. Dank standardisierter Funkprotokolle wie ZigBee und Z-Wave sowie benutzerfreundlicher Plattformen können heute auch Laien kostengünstige und einfach zu installierende Automatisierungslösungen realisieren.

Vorteile der Technologie für Veranstaltungsorte auf einen Blick

  1. Energieeinsparung: Automatisierte Heiz-, Kühl- und Lichtsteuerung spart Strom und Wärmeenergie – das ist nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich relevant.
  2. Personalentlastung: Wiederkehrende Aufgaben wie Geräteschaltungen oder Monitoring laufen automatisiert ab und vermeiden Anwendungsfehler
  3. Sicherheitsgewinn: Warnsysteme, Rauchmelder oder Temperaturüberwachung können automatisch reagieren und informieren.
  4. Zukunftsfähigkeit: Smarte Systeme schaffen Transparenz und Daten – wichtige Grundlagen für nachhaltige Transformation und Förderfähigkeit.

 

Maßnahmen zur Energieeinsparung mit Smarter Technik

Schritt 1: Die Analyse
Bevor Technik smart wird, braucht es Transparenz:

  • Wo fällt welcher Energieverbrauch an? Was läuft wann? Was davon muss wirklich laufen? Eine geförderte Energieberatung kann euch hier unterstützen!
    Das Green Events Siegel bietet eine Vorlage zur Energiebedarfsplanung. 
  • Welche Betriebsabläufe wiederholen sich, kosten aber viel Zeit?
  • Wo fehlen Verknüpfungen zwischen einzelnen Arbeitsbereichen und Prozessen?
  • Welche Anwendungsfehler treten immer wieder auf?

Das Uebel & Gefährlich verfügt über mehrere Sicherungskästen, dort wurden zunächst 59 Messpunkte für Kühltechnik, Lüftung, Licht und Soundtechnik installiert und alle Geräte über einen Monat getrackt. Ergebnis: Kühlgeräte liefen teilweise 24/7, Lüftung war zu häufig auf Volllast – selbst bei niedriger Auslastung.

Schritt 2: Auswertung

Anschließend ist zu prüfen, wo Laufzeiten reduziert werden können, welche wiederkehrenden Betriebsabläufe sich ggf. anders steuern lassen. Müssen Kühlschränke im Dauerbetrieb sein? Braucht es die große Siebträgermaschine wirklich 18h/Tag, wenn morgens nur 2 Mitarbeitende anwesend sind? Wird häufig die Heizung angelassen?

Schritt 3: Optimierung

Beispielsweise sollten Kühlgeräte nur dann betrieben werden, wenn und so lange sie wirklich gebraucht werden, Lüftungsanlagen können mit CO2-, Temperatur und Luftfeuchte-Sensorik versehen und Heizungen mit smarten Thermostaten und Präsenz Sensorik gesteuert werden.

DIY-Hardware mit Smarten Bauteilen von Gregor Kusche

Zwei Praxisbeispiele aus dem Clubbetrieb

Uebel & Gefährlich, Hamburg – Professionelle Lösung mit Partner Agilr

Eine hohe Stromnachzahlung machte im Hamburger Club Uebel & Gefährlich den Handlungsdruck deutlich. Gemeinsam mit dem Smart-Building-Anbieter Agilr startete 2023 ein Pilotprojekt: An 59 Messpunkten wurden Echtzeit-Verbrauchsdaten erhoben und ausgewertet. Das Ergebnis: Kühlgeräte liefen oft rund um die Uhr, die Lüftung über das Veranstaltungsende hinaus.
Daraufhin wurden besonders energieintensive Bereiche automatisiert. Über eine Schnittstelle zur Eventsoftware co*pilot erkennt das System automatisch Veranstaltungszeiten, regelt Lüftung und Kühlung dynamisch nach CO₂-, Temperatur- und Luftfeuchtigkeitswerten und schaltet bei längeren Pausen Geräte vollständig ab.
Ergebnis: 30–50 % weniger Stromverbrauch bei Kühlung, bis zu 95 % Einsparung bei Lüftung – mit Amortisation in etwa vier Jahren.
Das System basiert auf Open-Source-Grundlagen (z. B. Home Assistant), kombiniert mit Agilrs eigener Logik-Software und professionellem Support. Es lernt aus vergangenen Events und prognostiziert Besucher:innenaufkommen und steuert die Technik entsprechend.

Klunkerkranich, Berlin – DIY-Lösung mit Open Source

Der Berliner Rooftop-Club Klunkerkranich wählte einen anderen Weg: Statt teurer Steuerungssysteme setzte das Team rund um den technischen Leiter Gregor Kusche ausschließlich auf die Open-Source-Plattform Home Assistant.
Mit handelsüblichen WLAN-Relais und Sensoren, autodidaktischer Weiterbildung innerhalb der großen Open Source Community und Elektriker:innen-Know-how wurde eine flexible Lösung geschaffen, die Licht, Klima, Sound, Sicherheit und Bewässerung und viele Betriebsabläufe automatisiert.
Das System reagiert auf Veranstaltungstermine, Gästezahlen und Wetterdaten – Heizung, Bewässerung und Lautstärke regeln sich dank Sensorik nun automatisch, Licht und Nebelsetup wurden deutlich vereinfacht. So spart der Club jährlich mehrere tausend Euro Energie und hunderte Stunden manuellen Aufwand – ohne großen finanziellen Einsatz.

Übertrag auf temporäre Veranstaltungen

Auch temporäre Festivals oder Pop-up-Venues können von der Lösung profitieren:

  • Smart Home Systeme müssen nicht fest verbaut werden (Plug-&-Play möglich)
  • Steuerung nach Zeitplan möglich
  • Weniger Komplexität und Personalaufwand im Betrieb, bei Zeitarbeitskräften besonders relevant!

Fazit

Automatisierte Gebäudetechnik bietet für Veranstaltungsorte einen zentralen Hebel – ökologisch wie ökonomisch. Eine smarte Steuerung von Kühl- und Lüftungstechnik reduziert Stromkosten deutlich und verringert den manuellen Aufwand. Die vorgestellten Pilotprojekte zeigen: Messung mit anschließender Optimierung und Automatisierung führt in wenigen Jahren zur Amortisation.
Betreiber:innen sollten sofort mit der Analyse starten, manuelle Verbesserungen implementieren und parallel die Automatisierung der Steuerung angehen. Jede eingesparte Kilowattstunde bringt nicht nur Kosten­vorteil, sondern stärkt die Zukunftsfähigkeit des Betriebs und trägt zur Eindämmung der Klimakrise bei.

Quellen:

Deep Dive Clubkombinat

Pilotprojekt Agilr

Die Autorin:

Jette Krauß ist als Projektkoordinatorin für Nachhaltigkeit beim Clubkombinat Hamburg e.V. im Rahmen des Future Fonds tätig, unterstützt von der Behörde für Kultur und Medien Hamburg. Sie berät und unterstützt Hamburger Musikclubs, Festivals und Veranstaltende durch branchenspezifische Weiterbildungsangebote, Netzwerkveranstaltungen sowie individuelle Beratung bei der ökologischen, ökonomischen und sozialen Transformation auf dem Weg zu einem zukunftsfähigen Betrieb.